Merkblatt für die Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlungen


Merkblatt

Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlungen nach § 32Abs. 1a SGB V in Verbindung mit § 8 Abs. 5 Heilmittel-Richtlinie

Inhalt

A. Einführung
B. Hintergrund und Zweck der Regelung
C. Begünstigter Personenkreis
D. Antragsverfahren und Genehmigung

A. Einführung

Zum 1. Juli 2011 ist eine neue Fassung der Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Kraft getreten. Der darin geschaffene § 8 Abs. 5 HeilM-RL soll die Versorgung mit Physikalischer Therapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sowie Ergotherapie für Patientinnen und Patienten mit schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigungen verbessern. Die Krankenkasse kann die medizinisch notwendigen Heilmittel auf Antrag der oder des Versicherten für mindestens ein Jahr genehmigen.

Die Regelung legt fest, dass Menschen mit schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigungen von ihrer gesetzlichen Krankenkasse eine Genehmigung von langfristigen Heilmittelbehandlungen bekommen können. Dieses Merkblatt gibt Hinweise zur Genehmigung des langfristigen Heilmittelbedarfs.

B. Hintergrund und Zweck der Regelung

1. Warum ist eine neue Regelung für Patientinnen und Patienten mit dauerhaftem Heilmittelbedarf geschaffen worden?

Patientinnen und Patienten mit schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigungen können in bestimmten Fällen dauerhaft Heilmittel wie Physikalische Therapie, Stimm- Sprech- und Sprachtherapie- oder Ergotherapie benötigen. Sofern zur Erreichung des Therapieziels die im Heilmittelkatalog als Regel festgelegte Höchstzahl der Behandlungen nicht ausreicht, kann die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt eine Verordnung außerhalb des Regelfalls ausstellen. Diese Verordnungen unterliegen einem Genehmigungsvorbehalt durch die Krankenkasse; die Krankenkassen können aber auch auf den Genehmigungsvorbehalt verzichten (vgl. § 8 Abs. 4 HeilM-RL).

Darüber hinaus haben Patientinnen und Patienten mit schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigungen durch die Regelung des § 8 Abs. 5 HeilM-RL die Möglichkeit, medizinisch notwendige und dauerhaft benötigte Heilmittel für mindestens ein Jahr von ihrer Krankenkasse genehmigt zu bekommen.

Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt kann im Rahmen des genehmigten langfristigen Heilmittelbe-darfs Heilmittel entsprechend der HeilM-RL verordnen, ohne dass diese Gegenstand von Wirtschaftlichkeitsprüfungen sind.

C. Begünstigter Personenkreis

2. Welcher Personenkreis kann die Heilmittelversorgung langfristig erhalten?

Menschen mit besonders schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigungen haben die Möglichkeit, eine langfristige Genehmigung für eine fortlaufende Heilmitteltherapie zu erhalten, wenn ein andauernder Behandlungsbedarf mit Heilmitteln zu erwarten ist. Dieser langfristige Heilmittelbedarf besteht in der Regel bei Vorliegen der Diagnosen aus der anliegenden Liste.

D. Antragsverfahren und Genehmigung

3. Wie kann man die Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung erhalten?

a) Krankenkassen ohne individuelles Genehmigungsverfahren²:

Stellt die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt fest, dass bei der Patientin oder dem Patienten ein langfristiger Heilmittelbedarf bei Vorliegen einer in der Anlage gelisteten Diagnose besteht, kann die Patientin oder der Patient mit einer Verordnung der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes die Heilmitteltherapie unmittelbar beginnen. Ein Antrag auf Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung ist nicht erforderlich.

b) Krankenkassen mit individuellem Genehmigungsverfahren³:

Stellt die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt fest, dass bei der Patientin oder dem Patienten ein langfristiger Heilmittelbedarf bei Vorliegen einer in der Anlage gelisteten Diagnose besteht, kann die Patientin oder Patient bei der Krankenkasse eine Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung beantragen.

c) Antragsverfahren im Einzelfall bei nicht gelisteten Diagnosen:

Stellt die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt fest, dass bei der Patientin oder dem Patienten ein langfristiger Heilmittelbedarf aufgrund einer nicht in der Anlage gelisteten Diagnose vorliegt, kann die Patientin oder der Patient bei der Krankenkasse eine Genehmigung einer notwendigen lang-fristigen Heilmittelbehandlung beantragen. Eine Genehmigung kommt dann in Betracht, wenn Schwere und Dauerhaftigkeit der Schädigungen mit den in der Anlage aufgeführten Diagnosen vergleichbar ist.

Der Antrag der Patientin oder des Patienten sollte Name, Anschrift, Versichertennummer, bekannte Diagnosen, Pflegestufe oder das Merkzeichen des Schwerbehindertenausweises enthalten. Weiter sollte der Zeitraum benannt werden, seit dem eine regelmäßige Heilmittelbehandlung in Anspruch genommen wird. Um der Krankenkasse die Einschätzung der medizinischen Situation zu erleichtern, können dem Antrag auf Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung weitere aussagekräftige Belege wie z. B. der Patientin oder dem Patienten vorliegende ärztliche Gutachten, Feststellungen der Pflegekasse oder Kran-kenhausberichte beigelegt werden.

Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt stellt eine Heilmittelverordnung mit medizinischer Begründung (wie Verordnung außerhalb des Regelfalls) aus. Diese Verordnung ist dem Antrag beizufügen.

Die Krankenkassen entscheiden über die Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung innerhalb von vier Wochen; ansonsten gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt. Da für eine qualifizierte Entscheidung jedoch die Prüfung der eingereichten Unterlagen und gegebenenfalls ein Gutachten des medizinischen Dienstes erforderlich ist, ist es möglich, dass eine Entscheidung nicht umgehend getroffen werden kann und ergänzende Informationen von der Krankenkasse bei der Antragstellerin oder dem An-tragsteller angefordert werden. In diesem Fall wird die Vier-Wochen-Frist so lange unterbrochen, bis die ergänzenden Informationen bei der Krankenkasse eingegangen sind.

In der Zwischenzeit kann die Heilmittelerbringerin oder der Heilmittelerbringer die Therapie durchführen. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten des Heilmittels gemäß der dem Antrag beigefügten Verordnung außerhalb des Regelfalls unabhängig vom Ergebnis der Entscheidung über den Genehmigungsantrag, längstens jedoch bis zum Zugang einer Entscheidung über die Ablehnung der Genehmigung.

4. Welche therapeutischen Maßnahmen umfassen die langfristigen Heilmittelversorgungen?

Die Genehmigung bezieht sich auf die verordnungsfähigen Heilmittel der Diagnosegruppe, die aus der dem Antrag beiliegenden ärztlichen Verordnung hervorgeht. Es gilt die Heilmittel-Richtlinie.

5. Wie lange gilt eine Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung?

Die Krankenkasse legt die Dauer der Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung fest. Nach § 8 Abs. 5 HeilM-RL soll der Genehmigungszeitraum mindestens ein Jahr umfassen.

6. Sind trotz einer Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung weiterhin auch Verordnungen für einzelne Heilmittel erforderlich?

Die Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung nach § 8 Abs. 5 HeilM-RL ersetzt keine Heilmittelverordnung. Die verordnende Vertragsärztin oder der verordnende Vertragsarzt legt die Verordnungs-menge so fest, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb von 12 Wochen gewährleistet ist. Auch bei Vorliegen einer Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung können die Heilmittel für einen Zeitraum von max. 12 Wochen verordnet werden. Die Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung stellt die Versicherten im Genehmigungszeitraum aber davon frei, sich die weiteren Verordnungen von der Krankenkasse erneut genehmigen zu lassen.

7. Bleibt eine Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung auch bei einem Vertrags-arztwechsel gültig?

Eine Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung ist für einen Versicherten ausgestellt und nicht auf eine behandelnde Vertragsärztin oder einen behandelnden Vertragsarzt beschränkt.

8. Bleibt eine Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung auch bei Kassenwechsel gültig?

Die Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung hat keine Verbindlichkeit gegenüber einer neu-en Krankenkasse. Bei einem Krankenkassenwechsel müssen betroffene Versicherte einen neuen Genehmigungsantrag stellen.

9. Was passiert, wenn der Antrag auf Genehmigung einer langfristigen Heilmittelbehandlung ab-gelehnt wird?

Sollte der Antrag nicht genehmigt werden, gelten die Regelungen der Heilmittel-Richtlinie (zu Erst- und Folgeverordnungen sowie Verordnungen außerhalb des Regelfalls) unverändert fort.

1 Dieses Merkblatt nimmt Bezug auf die zwischen GKV-Spitzenverband und KBV vereinbarte Indikationsliste, die diesem Merkblatt anliegt.
2 Die Krankenkasse informiert in geeigneter Weise über das gewählte Genehmigungsverfahren.
3 Die Krankenkasse informiert in geeigneter Weise über das gewählte Genehmigungsverfahren.